Bildungsbereich Bewegung
Bildungsbegründung:
Wahrnehmungs- und Bewegungserfahrungen (Sensomotorik) besitzen entscheidende Bedeutung für die Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit und der Intelligenz.
Durch vielseitige Sammlung von konkreten Erfahrungen und durch die Ausbildung von Wahrnehmungs- und Bewegungsmustern wird – neben der Stärkung des Körpers und der Einübung von Bewegungsabläufen – auch in besonderem Maße die Basis für den Erwerb kognitiver Fähigkeiten geschaffen.
Kognitive Fähigkeiten sind Leistungen verschiedener, miteinander verbundener Gehirnzentren, vor allem im Großhirn. Das Kleinhirn ist unter anderem für Bewegungsabläufe zuständig. Dies beinhaltet, Informationen innerhalb der Wahrnehmungsprozesse einzuordnen, zu speichern, zu vergleichen und – auch unbewusst – abzurufen. Es werden Handlungspläne erstellt, deren Durchführung koordiniert und kontrolliert wird, bis hin zu abstrakten Denkprozessen, die insgesamt „innerlich“ ablaufen.
(Vergl.: H.Klöckenberger „Bewegtes Lernen – Lesen, schreiben, rechnen lernen mit dem ganzen Körper“)
Bildungsziel:
- Die Kinder kennen ihren Körper und können ihre persönlichen Möglichkeiten und Fähigkeiten einschätzen. Sie gehen verantwortungsvoll mit Ihrem Körper um.
- Sie können einen Standpunkt einnehmen; sie sind selbstbewusst und stark.
- Sie begreifen durch Ortswechsel die Präpositionen über, unter, neben, hinter, vor, zwischen usw. Sie trainieren die Koordination von Armen und Beinen, Händen und Augen und werden damit auch selbstsicher und standfest im übertragenen Sinne.
- Die Kinder haben einen gut entwickelten Muskelapparat. Sie haben ein gutes Raum- und Gleichgewichtsgefühl, bewegen sich koordiniert und geschickt, können ihre Bewegungen situationsangemessen steuern, können rasche Richtungswechsel durchführen, können Geschwindigkeiten steigern und zurücknehmen, können raumgreifende, aber auch behutsame Bewegungen machen, haben eine gute Augen-Hand-Koordination und eine hohe Handgeschicklichkeit.
Bewegung in der „Wunderwelt“
Um das Bildungsziel zu erreichen, haben Kinder täglich die Möglichkeit zum Schaukeln, Schwingen, Wippen, Rotieren, Springen, Steigen, Klettern, Gleiten, Rollen, Balancieren, Kriechen, Ziehen, Schieben, Heben, Werfen, Fangen, Prellen, Gehen und Laufen. (Zitat aus der „Bildungsvereinbarung NRW“).
Die „Wunderwelt“, also das Haus mit seinen Räumen und dem Außengelände sowie dem Hof, sind so konzipiert und gestaltet, dass Bewegung überall und zu jeder Zeit des Tages stattfinden kann.
Bewegungsmöglichkeiten haben die Kinder bei uns nicht nur im Mehrzweck-/Sportraum und auf dem Außengelände, sondern auch in den Gruppenräumen, im Flurbereich und in den Funktionsräumen – im „Raum der Sinne“ und im „Theater“.
Alle diese Räume und das Außengelände bieten die unterschiedlichsten Bewegungsmöglichkeiten: z.B Möbel, Geräte und Decken zum Höhlen bauen (kriechen), Podeste (steigen, springen), Hängematten, Hängestühle, Nestschaukel (schwingen, schaukeln), viele Spiele, Klein- und Großgeräte, die zum Krabbeln und Kriechen anregen, Möglichkeiten zu tanzen und sich rhythmisch zu bewegen.
Um die Bewegungsfreude der Kinder nicht zu beeinträchtigen, sind unsere Gruppenräume sparsam möbliert. Viele Möbel lassen sich multifunktional einsetzen und ohne großen Aufwand umräumen: Stühle, Hocker und Podeste fungieren als Sitzmöbel und Spielgerät zugleich; Tische dienen als Arbeitsplatz, Spielfläche für Tischspiele oder werden zum Budenbau umfunktioniert. Wird mehr Platz im Raum für großräumiges Bewegen benötigt, ist ein Teil der Gruppenraumtische durch einen Klappmechanismus schnell aus dem Weg geräumt, variable Ecken im Raum bieten Rückzugsmöglichkeiten, laden zu Ruhe und Entspannung sowie zu konzentriertem Spiel und Arbeiten ein.
Bewegung, konzentriertes und eher ruhiges Spiel, Lautstärke und Stille, kreatives Arbeiten, Einnehmen des Frühstücks, freies Spiel und Arbeiten, Gemeinschaftsaktionen, von den Fachkräften gezielt angeregtes Spielen und Beschäftigen, Projektarbeit u.v.m. – dies alles findet in der Regel an einem Tag statt. Um all das zu organisieren, bedarf es einer intensiven Tagesplanung durch die Fachkräfte sowohl in den Gruppenteams als auch zwischen den 3 Gruppen des Hauses. Gleichzeitig laufen gezielte Absprachen mit allen Wunderwelt-Kindern ab, es sind Zeiten, Orte, Regeln und Grenzen abzustimmen und zu verabreden (z.B. bei den morgendlichen Konferenzen der Kinder). Gerade dieser wichtige Bildungsbereich “Bewegung“ bringt selbstverständlich im Gruppenraum den gesamten Tagesablauf und viele Kinder im wahrsten Sinne des Wortes „in Bewegung“.
Alles gleichzeitig zu erleben – Toben, ausgelassenes Rollenspiel, Entspannung in der Kuschelecke, Malen, Konstruieren u.a. – ist selten möglich. Ein jedes Kind muss sich wohl fühlen und sich mit seinen Bedürfnissen wieder finden können. Unser sog. „teiloffenes“ und gruppenübergreifendes Leben in der „Wunderwelt“ sowie die Projektarbeit am Vor- und Nachmittag, der Wechsel zwischen freiem Spiel der Kinder und fachlich gelenkten/begleiteten Beschäftigungen sowie eine optimale Auslastung und Nutzung aller Räume innen und außen ermöglichen eine Vielzahl an parallel laufenden Aktivitäten. Dem Bereich Bewegung und den sehr aktionsreichen, z.T. sehr lauten, engagierten, raumgreifenden und eher körperbetonten Agieren einzelner Kinder, der Gruppe und kleinerer Gruppierungen wird dadurch in besonderem Maße Rechnung getragen. Unser Sport- und Mehrzweckraum ist für alle Bewegungsarten geeignet. Er bietet den Kindern z.B. durch eine Bewegungsbaustelle und unterschiedliche andere Materialien (z.B. Fahrgeräte, Bälle, Seilchen, Balancier- und Gleichgewichtsgeräte, Ballbecken, Groß-Trampolin, Sprossenwand, div. Matten u.ä.) umfassende Bewegungsaufforderungen. Außerhalb von angeleiteten Bewegungsangeboten steht er den Kindern jederzeit für Bewegungsspiele zur Verfügung. Die Kinder können hier angeleitet, aber auch beim täglichen selbständigen Nutzen folgende Bewegungsherausforderungen erleben:
- unterschiedliche Höhen zum Hoch- und Runterklettern und Runterspringen
- Gleichgewichtsübungen (z.B. Balancieren auf starren Geräten und auf sich bewegenden Geräten, alleine und mit PartnerInnen (z. B. Wackelbretter, Pedalos, Hüpfbälle, Stelzen, Rollbretter, Balancierwege, Trampolin groß und klein u.ä.)
- Bewegungsbaustellen (Materialien: Großbauteile, Schaumstoffwürfel, Matten etc.)
- Softbälle, Luftballons, leichte große Bälle, Tennisbälle, Seilchen, lange Seile, Stoffbänder, Bohnensäckchen...
- Klettermöglichkeiten mit unterschiedlichen Herausforderungen, Schwierigkeitsgraden
- ein Ballbecken zum Wohlfühlen, „Rumwuseln“, für eine leichte Massage und „sich spüren“
- in einer Spiegelwand lässt sich jede eigene Bewegung und Aktion betrachten und beobachten (Selbstwahrnehmung)
- eine Musikanlage unterstützt Tanz, Rhythmik, Fitness und Entspannung
Unser Außengelände bietet außer den Möglichkeiten, die es bereits im Mehrzweckraum gibt, verstärkt die Aufforderung zu einem kreativen und eher „natürlichen“ Bewegungsspiel. Das Gelände ist ein wenig unserer Natur im „Bergischen“ nachempfunden und regt die Kinder durch seine Hügel, Sträucher, Bäume, einen Bachlauf, ein Baumhaus, Tunnel, Ecken, Nischen, kleine Gartenflächen, große Sandflächen, einen Bauwagen und den Hof zum bewegungsreichen Spiel und Arbeiten an. Große Spielgeräte sind hier bewusst sparsam eingesetzt, damit sich die Kinder fast ausschließlich von der Natur zur Bewegung einladen lassen. So regen z.B. Bäume zum Klettern und Runterspringen an, Stricke im Baum und eine Nestschaukel laden zum Schaukeln und Hangeln ein. Kleine Höhlen, ein Tunnel sowie Büsche und Sträucher bieten Versteck- u. Kriechmöglichkeiten. Der gepflasterte Hof wird in der Regel zum Ballspiel, Kreisspiel und zur Fortbewegung mit diversen Fahrzeugen genutzt.
Außerhalb unseres Kindergartengeländes bieten sich außerdem viele Bewegungsanreize, die wir gerne und sehr häufig aufnehmen (z.B. Park, Spielplatz, Wald, Sportplatz etc.)
Der „Raum der Sinne“ steht den Kindern für Ruhe und Entspannung zur Verfügung. Die Einrichtung des Raumes mit Liegeflächen, Kuschelecken und besonderen Lichteffekten eignet sich besonders für die Erprobung diverser Entspannungstechniken, Massageübungen, Yoga-Angebote und Phantasiereisen.
Unsere Hauptaufgabe als pädagogische Fachkräfte besteht darin, die Bewegungsleistungen der Kinder intensiv zu beobachten und die Herausforderungen individuell und ganz gezielt zu steigern und nach Bedarf zu verändern. Auch eine grundlegende Motivation zu Bewegung, Sport und aktionsreichem Spiel ist in der heutigen Zeit, in der das „Sitztum“ zunehmend das Leben unserer Kinder und Erwachsenen bestimmt, ein wesentlicher Teil unserer Arbeit geworden. So müssen viele Kinder erst einen Zugang und Spaß an der Bewegung erlernen sowie sich in den Grundbewegungsarten üben; andere wiederum lernen aus ihrem ständigen Bewegungsdrang und körperlichen Aktionismus herauszukommen und Ruhe- und Entspannungsphasen zu genießen. Bewegungsanreize werden häufig in Spielszenen eingebaut (z. B. Piratenspiele, Indianerspiele).
Wir achten darauf, dass Bewegung und rhythmisches Sprechen miteinander kombiniert werden und die Bewegungsabläufe differenziert erfolgen. Anspannung und Entspannung sind ausgewogen. Kinder bewegen sich ausgelassen, schnell und raumgreifend, kommen aber auch zu behutsamen und feinmotorischen Bewegungen. Sie können zwischen „laut“ und „leise“ wechseln.
Regelmäßige und angeleitete Sportstunden im Gruppenverband sowie gezielte Projektarbeit für kleinere Gruppen aus den Bereichen Sport, Fitness, Tanz und Rhythmik, außerdem Psychomotorik und Entspannung (vor- und nachmittags) sind fester Bestandteil unserer Arbeit. Ergänzt wird dieses Angebot durch Familien-Schwimmaktionen und unsere regelmäßigen Wassergewöhnungs-Kurse im nahe gelegenen Hallenbad, durch Voltigierkurse sowie unser „Frühjahrs-Leichtathletik-Training“ auf dem benachbarten Sportplatz, das in einem Familien-Sportevent seinen Höhepunkt findet.
(siehe auch Bildungsbereich „Musik und Rhythmik“)